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Bobsportlerin Deborah Levi: „Man verlangt seinem Körper oft mehr ab, als er zu leisten im Stande ist“

Deborah Levi kam erst vor drei Jahren vom Sprint zum Bobsport, gehörte aber auf Anhieb zu den besten deutschen Anschieberinnen und kann sich bereits Europameisterin und WM-Dritte nennen. Gemeinsam mit Pilotin Laura Nolte strebt die 23-Jährige nun die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking an – und will vorher noch ihr Grundschullehramtsstudium an der Goethe-Universität in Frankfurt auf die Zielgerade bringen. Die Corona-Zeit nutzte sie für die Uni und Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst.


Deborah, die vergangene Saison war eine sehr erfolgreiche für Dich und Laura Nolte: Gold bei der Europameisterschaft und Bronze bei der Weltmeisterschaft – was bedeutet Dir mehr?

Puh, gute Frage. Der EM-Titel war sehr cool, weil wir damit nicht wirklich gerechnet hatten. Aber auch Bronze bei der Heim-WM in Altenberg zu holen war großartig. Bei der WM 2020 war ich leider krank und meine Pilotin Laura Nolte war damals schwer gestürzt.

Dabei war die Vorbereitung auf deine zweite Weltcup-Saison von vielen Schwierigkeiten geprägt. Du warst lange krank und hattest Probleme, wieder richtig fit zu werden.

Ich wurde mitten in der Saison 2019/20 krank, war erst mit einer schweren Influenza und dann mit einer Lungenentzündung außer Gefecht gesetzt und musste sogar ein paar Tage stationär behandelt werden. Die WM 2020 habe ich dadurch verpasst. Danach habe ich leider etwas zu früh wieder mit dem Training angefangen und zu Beginn der Corona-Pandemie einen Rückschlag erlitten. Erst im Juni war ich wieder richtig auf der Höhe.

Was hat diese Phase mit Dir gemacht?

Es war eine meiner größten Hürden bisher im Sport. Als Athletin verlangt man seinem Körper oft mehr ab, als er gerade zu leisten im Stande ist. Mein Immunsystem war durch die Erkrankungen geschwächt, ich war häufiger krank und das Training belastete mich mehr als sonst. Da habe ich gelernt, meinem Körper Zeit für Regeneration und auch für Umstellungen zu geben. Zum Beispiel habe ich in dieser Phase meine Ernährung – zwangsweise – für einige Wochen radikal verändert.

Basics wie ausreichend Schlaf, viel trinken, kein Zucker oder Physiotherapie haben in dieser Zeit eine viel höhere Bedeutung erhalten.

Zudem betrafen natürlich auch Dich die Corona-Kontaktbeschränkungen. Wie hast Du diese Wochen und Monate erlebt?

Ich bin ein Mensch, der den Kontakt mit anderen Leuten liebt, das hat mir gefehlt. Aber so habe ich zu schätzen gelernt, mehr Zeit für mich zu haben, mich mehr um mich selbst zu kümmern – Stichwort Achtsamkeit. Ich bin sicher, dass das auch dazu beigetragen hat, dass ich im September mit neuer persönlicher Bestzeit im Anschubtest in den Sport zurückgekehrt bin. Das Training an unserem Stützpunkt war zudem recht früh schon wieder möglich. Und im ganz scharfen Lockdown haben wir uns zu zweit mit unserem Trainer getroffen und auf einem Parkplatz Gewichte gestemmt, die er im Kofferraum transportiert hat (lacht).

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An Vorlesungen in der freien Natur teilnehmen? Während der präsenzfreien Lehre eine schöne Abwechslung zum Schreibtisch. (Foto: Deutsche Bank)

Du studierst Grundschullehramt im achten Semester. Wie hat die Uni während Corona für Dich funktioniert?

Neben Mathe und Deutsch ist Sport mein drittes Fach, das geht nicht im Homeoffice und war auch ab August wieder an der Uni möglich – natürlich aber nicht so wie vor Corona. Generell war das Online-Studium am Anfang noch etwas unorganisiert, aber in meiner damaligen WG haben wir uns da sehr gut unterstützt und gemeinsam studiert. Im Winter kam es mir sehr entgegen, auch von unterwegs an Seminaren und Vorlesungen teilnehmen zu können. Vor Corona musste ich mich hier viel mehr mit den Dozentinnen und Dozenten abstimmen und so manche Extra-Aufgabe bewältigen.

 

Dein Alltag als Leistungssportlerin und Studentin klingt sehr strapaziös und reiseintensiv. Bleibt da noch Zeit für einen Job?

Bis vor zwei, drei Jahren habe ich im Sommer einige Monate lang Vollzeit gearbeitet, das hat natürlich auch Energie gekostet. Durch die Sporthilfe und auch dank des Deutsche Bank Spot-Stipendiums bin ich inzwischen ganz gut abgesichert und kann den Fokus komplett auf das setzen, was ich wirklich machen möchte: Leistungssport auf höchstem Niveau betreiben und mich auf die Uni konzentrieren.

Und Dich für wichtige Themen außerhalb des Trainings zu engagieren, etwa in der Anti-Rassismus AG von Athleten Deutschland e.V. Hast Du diesbezüglich mal selbst negative Erfahrungen machen müssen?

Alltagsrassismus erlebt man überall, auch im Sport.

Deswegen denke ich, man sollte darüber häufiger und ganz offen sprechen, damit im Sport mehr in Richtung Aufklärung und Prävention passiert.

Das ist eines unserer zentralen Ziele der AG.

Nächsten Winter stehen die Olympischen Winterspiele in Peking an. Mit welchem Ziel gehst Du in die Saison?

Laura und ich wollen uns natürlich gemeinsam für Olympia qualifizieren, zunächst beim Anschubtest im September und anschließend bei der Selektion auf der Bahn. In Deutschland ist die Konkurrenz sehr stark, wir haben bei den Frauen vier Weltklasse-Teams für drei Startplätze. Aber wenn wir uns für den Weltcup qualifizieren, dann werden wir auch, so wir denn gesund bleiben, im Februar 2022 nach Peking fahren.

(Veröffentlicht am 28.06.2021)


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STECKBRIEF DEBORAH LEVI

Geburtsdatum 28. August 1997 in Dillingen
Sportart Bobsport
Wohnort Frankfurt am Main
Verein SC Potsdam/Sprintteam Wetzlar
Größte Erfolge WM-Dritte 2021, Europameisterin 2021, Junioren-Weltmeisterin 2021
Studium Grundschullehramt
Universität Goethe-Universität Frankfurt

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