2028 könnte Wakeboarden erstmals olympisch werden. Die neunfache Weltmeistern Julia Rick hat große Hoffnungen, dass ihr Sport dadurch der breiten Masse näher gebracht wird und schließt nicht aus, mit dann 35 Jahren bei den Olympischen Spielen selbst anzutreten.
Immerhin: In den Münchner Olympiapark hat es Wakeboarderin Julia Rick schon einmal geschafft. Beim Extremsport-Event „Munich Mash“ durften in diesem Sommer erstmals auch die Frauen mitfahren, 10.000 Zuschauer waren trotz Hitze vor Ort, das Privatfernsehen übertrug live. Für Rick ist so viel Aufmerksamkeit Neuland und doch gewann sie am Ende den Wettbewerb – man möchte fast sagen: natürlich. Die 26-jährige Kölnerin ist seit sieben Jahren das Maß der Dinge in ihrem Sport, sie zeigt Tricks, die keine andere Frau im Repertoire hat, ist inzwischen neunfache Weltmeisterin. Man kann also behaupten: Sollte Wakeboarden eine olympische Disziplin werden, Julia Rick wäre die absolute Gold-Favoritin. Dazu wird es jedoch frühestens 2028 in Los Angeles kommen. Schon seit einigen Jahren steht Wakeboarden auf der Shortlist der temporär olympischen Sportarten, die Gastgeberstädte vorübergehend ins Programm integrieren können, um „ihren“ Spielen so eine eigene Note zu verleihen. Die Organisationskomitees von Tokio 2020 und Paris 2024 erteilten dem Internationalen Wasserski und Wakeboard Verband (IWWF) aber eine Absage, in Frankreich entschied man sich stattdessen etwa für Breakdance. „Das ist sehr schade. Für Paris sah es lange Zeit sehr gut aus, weil Wakeboarden in Frankreich ziemlich populär ist“, bedauert Rick die Entscheidung.
Wie in anderen Fun- und Extremsportarten – etwa beim Skateboarden, Surfen oder Klettern – ist auch die Wakeboard-Szene gespalten, ob olympische Ehren ihr guttun würden. Rick glaubt, Olympia wäre eine große Chance gewesen, den Sport bei der breiten Masse bekannt zu machen. Die Sportmanagementstudentin ist verbandsnäher als andere Athleten, die oft ausschließlich Contests und keine WMs fahren oder vor allem spektakuläre Videos produzieren. Sie ist auch die einzige Wakeboarderin an einem Olympiastützpunkt, 2016 gehörte sie zu den ersten Athleten aus nicht-olympischen Sportarten, die Sporthilfe-Unterstützung gewährt bekamen. Den nötigen Nachweis, dauerhaft Weltklasse-Leistungen zu erbringen, hat sie mit sechs IWWF-WM-Titeln in Folge eindrucksvoll geliefert. Hinzu kommen zwei Weltmeisterschaften im Konkurrenzverband World Wake Association (WWA) und ein Junioren-WM-Titel 2012. Acht, neun Monate im Jahr ist sie dafür in der Welt unterwegs.
Dabei hätte der Weg zu Olympischen Spielen auch geradliniger verlaufen können. Als Julia Rick mit 16 Jahren das Wakeboarden für sich entdeckte, spielte sie Fußball beim 1. FC Köln, schaffte es bis in die Zweite Bundesliga. Bis 2012 verfolgte sie beide Karrieren parallel, dann entschied sie sich für die Action auf dem Wasser. „Letztlich lag mir der Individualsport doch eher als der Mannschaftssport“, so Rick rückblickend. Besonders gefällt ihr, dass sie nur von ihren eigenen Entscheidungen und Leistungen abhängig ist – positiv wie negativ. Dabei ist der Druck immens: Schon ein zweiter Platz wird als Niederlage empfunden. „Hartes Training, ein bisschen Talent und ein kühler Kopf sind der Schlüssel, um mit dieser Herausforderung umzugehen“, sagt sie. Beim Contest in München hat das geklappt: Nach dem ersten Finaldurchgang lag sie „nur“ auf Rang zwei, am Ende triumphierte sie doch im Olympiapark von 1972. Ob sie 2028, dann mit 35 Jahren, noch immer fährt? Sie glaubt: „Wenn ich verletzungsfrei bleibe, ist das nicht ausgeschlossen.“ Als Blaupause gilt ihr das Pendant bei den Männern: Der Israeli Lior Sofer ist amtierender Weltmeister – und fast 33 Jahre alt.
(Veröffentlicht am 27.11.2019)