Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften – selbst für Nicht-Leistungssportler:innen eine anspruchsvolle Kombination, die Taekwondo-Kämpfer Jona Pörsch mit Bestnoten und in Regelstudienzeit absolviert. Dass der 21-Jährige der Dreifachbelastung gewachsen ist, zeigte er 2022 mit der Bronzemedaille bei den Europameisterschaften der U21 in Albanien. Auch in diesem Sommer stellt sich der 68-Kilo-Athlet der Belastungsprobe: Neben Klausurenphase und Start seines Physikums kämpft er vom 28.07. bis 08.08.2023 bei den FISU World University Games in China um die nächste internationale Medaille.
Jona, Deinen größten Erfolg hast Du im vergangenen Jahr mit der Bronzemedaille bei der U21-EM gefeiert. Es war die einzige deutsche Herrenmedaille. Wie hast Du diesen Erfolg erlebt?
Es waren meine dritten Europameisterschaften, von daher war ich mit dem ganzen Prozess bei so einem Wettkampf schon gut vertraut. Mit dem Unterschied, dass es bei meinen letzten Starts immer ganz knapp nicht gereicht hat und ich mir dieses Mal fest vorgenommen hatte, in die Medaillenränge zu kommen. Als ich die Auslosung gesehen habe, wusste ich, dass eine machbare Aufgabe vor mir liegt. Ich konnte den Wettkampf ohne großen Druck angehen und wollte alles raushauen, was ich habe. Am Ende hat es dann glücklicherweise mit dem Treppchen geklappt. Besonders schön war es natürlich, dem Team am letzten Wettkampftag noch eine Medaille und einen schönen Abschluss zu bescheren. Da habe ich mich schon sehr drüber gefreut.
Nun steht der Wechsel in den Seniorenbereich an. Schon bei den FISU World University Games in Chengdu triffst Du auf erfahrenere Gegner. Was erwartest Du vom Altersklassenwechsel?
Der Übergang ist tatsächlich schon am Laufen – ich bin inzwischen in meinem dritten Jahr bei den Herren und konnte besonders im letzten Jahr einige Weltranglistenpunkte sammeln. Das Ziel für die nächsten Jahre ist es, daran anzuknüpfen, um mir eine bestmögliche Ausgangslage für Europameisterschafts-, Weltmeisterschafts- oder Olympia-Nominierungen zu verschaffen. Natürlich ist der Großteil des Feldes dabei derzeit noch deutlich älter als ich. Körperlich zumindest bewege ich mich mit den anderen aber auf Augenhöhe. Ich bin für meine Gewichtsklasse relativ klein. Darauf konnte ich mich aber seit Beginn meiner Trainingszeit einstellen und meine Taktik entsprechend anpassen.
Neben Deinen sportlichen Erfolgen lieferst Du auch im Studium ab – und zwar nicht in einem, sondern gleich in zwei Studiengängen: Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften. Wie kommt es zu dieser ungewöhnlichen Kombination?
Mit meinem Studium habe ich 2021 in Zahnmedizin begonnen. Ein Semester später kam dann das Wirtschaftsstudium mit der Intention dazu, dass ich mich irgendwann selbstständig machen möchte – in welcher Form auch immer. Im Zahnmedizinstudium lernt man jedoch nicht, wie man beispielsweise eine Praxis führt. Außerdem finde ich neben dem betriebswirtschaftlichen Part die Volkswirtschaftslehre super interessant und habe das zweite Studium deshalb als logische Konsequenz daraus begonnen. Nun ist mein primäres Ziel, das Zahnmedizinstudium in Regelstudienzeit abzuschließen und die Wirtschaftswissenschaften zeitgleich mit meiner Approbation zu beenden.
Worin bestehen die Herausforderungen in dieser dreigleisigen Karriere?
Zunächst ist die grundsätzliche Doppelbelastung aus Studium und Sport extrem. Ich merke es gerade in der Klausurenphase oder im anstehenden Physikum – da muss ich schon schauen, wo der Fokus gesetzt wird, wie die Wettkämpfe gelegt werden und wie ich die einzelnen Termine priorisiere, um auch meinen universitären Zielen nachzukommen.
Die Dreigleisigkeit ist eine zusätzliche Herausforderung. Während meine Kommilitonen nach den Klausuren in die Semesterferien starten, kann ich für den anderen Studiengang weiterlernen.
Das ist im ersten Moment manchmal anstrengend, aber wenn ich die Klausuren bestehe, mal zwei Wochen frei habe und mich nur auf den Sport konzentrieren kann, ist es umso schöner.
Inwiefern unterstützt Dich die Sporthilfe und das Deutsche Bank Sport-Stipendium auf Deinem doch sehr anspruchsvollen Weg?
Insbesondere das Deutsche Bank Sport-Stipendium ermöglicht es mir, diesen Weg so einschlagen zu können. Mir neben den Studiengängen und dem Leistungssport einen Lebensunterhalt zu verdienen, ist quasi unmöglich – da müsste ich an einigen Stellen deutlich einkürzen. Nur durch die Unterstützung schaffe ich es, in allen drei Bereichen meine Leistungen auf diesem Niveau zu erbringen. Deutsche Bank und Sporthilfe halten mir den Rücken frei und das ist ihnen wirklich unfassbar hoch anzurechnen.
Du stehst nicht nur als Athlet auf der Matte, sondern auch als Vereinstrainer für Kinder und Jugendliche. Warum dieses zusätzliche Engagement?
Wir haben in meinem Verein gute Strukturen in Leistungs- und Breitensport, die mir die Arbeit mit dem Nachwuchs ermöglichen. Auch ich durfte in meiner Kindheit von Trainern profitieren, die spannende Ansätze verfolgt haben. Dadurch ist mein sportspezifischer Wissensstand über die Jahre gewachsen.
Für mich ist es deshalb selbstverständlich, dass ich das Wissen jetzt an die nächste Generation weitergebe und sie unterstütze.
Ich habe mich da immer noch selbst als kleines Kind vor Augen und deshalb ist es wie ein Ehrenkodex, meine Erfahrungen mit den Jüngeren zu teilen.
Leistungssport, zwei Studiengänge, Vereinstraining – woraus ziehst Du die Motivation?
Ohne meine Familie würde es nicht gehen – sie sind meine Grundpfeiler. Sei es in meinen Anfängen durch die Fahrten zum Training oder auch durch die moralische und emotionale Stütze, wenn es mal nicht so gut läuft. Charakterlich schaffe ich es vor allem durch Disziplin, aber auch durch den Spaß an der Sache.
Gerade wenn in allen Bereichen eine Schippe draufgelegt werden muss, die Belastung intensiviert und es nochmal anstrengender wird, ist das Gefühl, wenn man es dann geschafft hat, super erfüllend.
Meistens sind es die Endresultate, die mich motivieren und den nächsten Schub für die kommende Zeit geben.
Stichwort Familie. Auch Deine Brüder machen Taekwondo, Deine Eltern haben Eure jetzigen Vereinsstrukturen mit aufgebaut. Sind die Pörschs eine klassische Taekwondo-Familie?
(Lacht) Ich würde uns gar nicht als klassische Taekwondo-Familie beschreiben, vielleicht wir Kinder, meine Eltern hatten ursprünglich eigentlich keinen Bezug dazu. Das hat sich erst über die Jahre so entwickelt. Ich bin der älteste von drei Geschwistern und habe gemeinsam mit meinem jüngeren Bruder Taekwondo angefangen. Irgendwie hat sich das dann gesteigert. Mein dritter Bruder kam dazu, wir hatten alle Spaß daran, haben uns über die Zeit leistungsmäßig entwickelt. Das schweißt zusammen, wenn man auf einem Niveau kämpft, sich gegenseitig ergänzt und als Trainingspartner zusammenarbeitet. Da ist die Familie nicht mehr wegzudenken.
Geburtsdatum: 23. Januar 2002 in Wiesbaden
Sportart: Taekwondo
Wohnort: Ingelheim am Rhein
Verein: Taekwondo Marshal Arts Ingelheim
Größte Erfolge:
3. Platz U21-EM 2022
Studium: Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften
Universität: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, FernUni Hagen
Die Deutsche Bank, seit 2008 Nationaler Förderer der Deutschen Sporthilfe, unterstützt im Rahmen der Sporthilfe-Förderung studierende Spitzenathlet:innen mit dem Deutsche Bank Sport-Stipendium. Aktuell profitieren etwa 350 Sporthilfe-geförderte Athlet:innen von dem Programm, das mit einem Zeitbonus über die Regelstudienzeit hinaus gewährt wird. Die besonderen Leistungen der studierenden Athlet:innen werden mit der Wahl „Sport-Stipendiat:in des Jahres“ zusätzlich gewürdigt. Die Deutsche Bank verdoppelt dem bzw. der Sieger:in das Stipendium für 18 Monate. Die vier weiteren Finalist:innen erhalten für den gleichen Zeitraum eine Zusatzförderung von 50 Prozent des monatlichen Stipendiums.