Claudia Salman-Rath gehört zu den wenigen Athleten, die sich im März über die Absage der Olympischen Spiele gefreut haben dürften: Nachdem sie die Nachricht erhielt, im September Mutter zu werden, hatte sie damit ihren Traum von einer letzten Teilnahme bei Olympischen Spielen abgehakt. Durch die Verschiebung der Spiele öffnet sich nun wieder ein Hintertürchen für ein Comeback und den krönenden Abschluss ihrer Karriere in Tokio.
Für mich hat das Jahr 2020 bisher zwei außergewöhnlich freudige Entwicklungen bereitgehalten. Die erste entpuppte sich im Januar, als ich die frohe Nachricht erhielt, dass mein Mann und ich im September Nachwuchs erwarten. Unsere Freude ist riesig! Gleichzeitig bedeutete diese frohe Kunde natürlich auch, dass eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 für mich nicht mehr in Frage käme.
Es sah so aus, als würde meine Karriere ohne eine nochmalige Olympia-Teilnahme zu Ende gehen.
Von daher hatte ich zwischenzeitlich neben dem lachenden durchaus auch mal ein weinendes Auge. Deshalb gehöre ich wohl zu den wenigen, die sich im März über die Verschiebung der Spiele gefreut haben.
Denn jetzt habe ich die kleine Hoffnung, dass es für mich doch noch für eine Teilnahme in Tokio reicht.
Die Spiele 2016 in Rio haben mich so nachhaltig beeindruckt, dass ich seitdem davon träumte, noch einmal bei Olympia dabei zu sein.
Allen Widrigkeiten zum Trotz. Denn gesundheitlich ging es mir die letzten zwei Jahre gar nicht gut. Mein linkes Knie ließ 2018 und 2019 nach einem Knorpelschaden und mehreren Operationen keine Wettkampfstarts mehr zu. So langsam schwand die Hoffnung, jemals wieder fit zu werden. Doch dann wurde während einer Rehabilitationsphase Ende Oktober endlich die Ursache für meine Gelenkprobleme gefunden.
Was hatte ich für eine Odyssee hinter mir! Seitdem geht es bergauf und ich bin inzwischen tatsächlich schmerzfrei. Das Sportlerherz schlägt wieder laut und deutlich in meiner Brust – aber nebendran jetzt eben auch ein zweites, ganz kleines, zartes. Dieses werde ich hegen und pflegen und träume gleichzeitig davon, 2021 in Tokio Mitglied der deutschen Mannschaft zu sein und mich mit diesem letzten Höhepunkt in den sportlichen Ruhestand zu verabschieden. Natürlich weiß ich, dass dafür vieles zusammenpassen muss, gesundheitlich und vom Umfeld. Mein Mann und meine Familie wollen mich bestmöglich unterstützen. Auch vom Verband habe ich sehr positive Signale bekommen. Schließlich haben andere Athletinnen schon bewiesen, dass es möglich ist, nach einer Babypause erfolgreich zurück zu kommen.
Vielleicht wird es im nächsten Sommer nicht für den Siebenkampf reichen, aber zumindest für den Weitsprung?
Davon träume ich und dafür will ich kämpfen.
(Veröffentlicht am 09.07.2020)
Erschienen im Sporthilfe-Magazin go!d - Zur kompletten Ausgabe (2/2020)