Laura Ludwig ist Beachvolleyball-Olympiasiegerin, Mutter eines kleinen Sohnes und wollte nach den Olympischen Spielen 2020 eigentlich ihre Leistungssportkarriere beenden. Die Coronakrise und die damit einhergehende Verschiebung der Olympischen Spiele warfen diesen Lebensplan über den Haufen. Für die Sporthilfe gibt Laura Ludwig einen Einblick in ihre Gedankenwelt und die weitreichenden Folgen, die die Olympiaverschiebung für ihr Privat- und Sportlerleben nach sich zieht.
Letztens habe ich mir wieder einmal das olympische Finale in Rio de Janeiro angeschaut, weil es so schöne Emotionen hochbringt. Es macht mir einfach Mut und gibt mir viel Optimismus. Denn nach der Bekanntgabe, dass die Olympischen Spiele in Tokio verschoben werden, war ich erst mal ganz schön aufgeschmissen und befand mich in einer Art Loch. Ich hatte viele Fragezeichen in meinem Kopf. Als Familie hatten wir andere Pläne gehabt, was nach Olympia 2020 passieren sollte. Es ist ja kein Geheimnis, dass unsere Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist und wir unserem Sohn Teo noch ein Geschwisterchen schenken wollen. Ich würde also lügen, wenn ich sage, dass ich nicht auch mal in einem stillen Moment darüber nachgedacht habe, aufzuhören. Die ersten zwei, drei Tage wollte ich diese Gedanken aber erst gar nicht zulassen und habe mich mit einem Sohn abgelenkt. Und trotzdem ist es ab und an in mir aufgebrodelt: Ach, vielleicht lässt du es einfach. Aber zum Glück sind die Empfindungen auch relativ schnell wieder vergangen. Beachvolleyball und Sport generell ist einfach ein sehr großer Teil in meinem Leben – wenn nicht sogar mit der wichtigste. Ich bin glücklich, dass ich meinen Sport zu meinem Beruf machen konnte.
Deshalb hatte ich anfangs, als wir gar nichts mehr machen durften, auch eine ziemlich große Leere in meinem Kopf. Den Leistungssport habe ich dann hintenangestellt. Langweilig wurde mir während des Lockdowns mit meinem kleinen Sohn, der jetzt fast zwei Jahre alt ist, ohnehin nicht. Im Gegenteil, wir haben dann das Beste daraus gemacht.
Ich habe genossen, 24 Stunden, sieben Tage die Woche als Familie zusammen zu sein. Nur mein Mann, unser Sohn und ich.
Ohne den ständigen Blick auf die Uhr und ohne Terminstress. Mit Zeit, in Ruhe zu spielen, zu kochen, zu essen und zu genießen. Es war etwas Besonderes für uns und hat sich ein bisschen angefühlt wie Urlaub zuhause.
Jetzt habe ich aber wieder die Motivation, Gas zu geben. Nach dem kleinen Loch ist mir und meiner Partnerin Margareta Kozuch ziemlich schnell bewusst geworden, dass wir das zusätzliche Jahr auch als Geschenk nehmen können. Wir haben ein Jahr mehr Zeit bekommen, an kleinen Details zu arbeiten. Das ist zwar manchmal hart und nervenzerreibend, aber diese Detailarbeit hat uns immer viel gebracht. Deshalb haben wir auch das Beachvolleyball-Leben, den Sand wieder zwischen den Füßen zu haben, nach hinten verschoben. Natürlich finden wir es auch ein bisschen schade, dass wir die aufsteigende Form, die wir vor der Coronakrise hatten, zunächst nicht zeigen konnten und uns erstmal noch gedulden mussten. Aber es stimmt uns optimistisch, dass mit Hochdruck an der Durchführung der Deutschen Meisterschaften gearbeitet wird und schürt unsere Vorfreude, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft wieder Wettkämpfe bestreiten dürfen.
Tokio ist nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben, es bleibt das große Ziel.
(Veröffentlicht am 09.07.2020)
Erschienen im Sporthilfe-Magazin go!d - Zur kompletten Ausgabe (2/2020)