Weitspringer Luka Herden studiert Humanmedizin und hat seinen größten Erfolg in diesem Juni erreicht. Er wurde in einem qualitativ hochklassigen Wettbewerb bei der Europameisterschaft in Rom nach zwei Acht-Meter-Sprüngen hervorragender Achter. Der 24-Jährige trainiert in Mannheim bei Bundestrainer Ulli Knapp in der Gruppe mit Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin Malaika Mihambo. Auch wenn der Fokus jetzt erst mal auf dem Sport liegt, verfolgt er weiterhin sein Studium in Münster und schreibt an seiner Doktorarbeit. Jetzt ist der Weitspringer und Medizinstudent einer der Kandidat:innen bei der Wahl zum:zur „Sport-Stipendiat:in des Jahres“ 2024.
Die Leichtathletik-Europameisterschaft in Rom im Juni war Dein erster großer internationaler Wettkampf. Du bist zweimal über acht Meter gesprungen, hast gleich das Finale erreicht und bist Achter geworden. Wie fühlt sich das jetzt im Nachhinein an?
Es ist immer noch ein bisschen surreal. Ich meine, ich war schon zweimal bei Jugend-Weltmeisterschaften dabei, deshalb war es jetzt nicht ein komplett neues Event. Aber es ist natürlich etwas anderes bei den Männern, zumal das Niveau im Weitsprung in Europa sehr hoch ist und es in Rom auch ein hochklassiger Wettbewerb war. Wenn man sich dann bewusst macht, dass man bei dieser Konkurrenz Achter geworden ist, das ist schon echt ein ganz tolles Gefühl.
Du trainierst ja seit einiger Zeit bei Ulli Knapp in der Gruppe mit Malaika Mihambo, nachdem sich Dein vorheriger Trainer von einem auf den anderen Tag zurückgezogen hat. Wie ist das für Dich?
Es läuft so viel besser als alles, was ich mir hätte vorstellen können. Der Trainerwechsel war ja nicht gewünscht und auch nicht vorgesehen. Und ich hatte schon einen Schreckmoment und habe irgendwie meine Karriere an mir vorbeiziehen sehen, weil ich nicht wusste, wie es weitergehen soll. Dass ich dann die Möglichkeit bekam, in diese Gruppe zu kommen, war ein erster großer Schritt. Und dann zu sehen, dass das Training super funktioniert, ist großartig.
Es war zwar eine schwierige Zeit vor dem Wechsel, aber es hat sich dreimal gelohnt.
Ich bin jetzt in einer Gruppe mit dem weltbesten Trainer und der weltbesten Athletin, die einen da extrem unterstützen. Davon profitiere ich enorm.
Du hast eine Zeitlang zwischen Münster und Mannheim gependelt, weil Du in Münster studierst. Wohnst Du jetzt in Mannheim und fährst ab und zu nach Münster wegen des Studiums?
Genau, ich bin zum 1. Mai mit meiner Partnerin nach Mannheim gezogen. Das ist auch sehr gut. Das mit dem Pendeln hat zwar irgendwie funktioniert, aber es war extrem anstrengend. Für Studiensachen und auch Vereinssachen werde ich natürlich weiterhin pendeln. Aber ich habe gute Ansprechpartner, sowohl beim Verein als auch an der Uni, so dass ich das gut organisiert kriege und jetzt nicht mehr wochenweise pendeln muss, sondern nur noch sehr zielgerichtet. So verschwende ich dann nicht mehr so viel Zeit im Zug.
Du bist schon sehr weit mit Deinem Studium. Wie hast du es denn geschafft, das so gut unter einen Hut zu bringen?
Das ging ganz gut, auch wenn es wirklich nicht einfach war.
Anders als in manchen anderen Fächern ist Medizin eben ein Studium, das viel Patientenkontakt und dadurch viel Präsenz braucht.
Ich hatte tatsächlich den Vorteil, dass vieles im zweiten Studienabschnitt in die Corona-Jahre gefallen ist, in denen ich auch nicht so trainieren konnte wie sonst. Ich hatte einfach einen sehr strukturierten Tagesablauf, vormittags Uni und abends Training.
Wie ist Deine Situation jetzt? Du schreibst gerade an Deiner Doktorarbeit.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass da in den letzten Wochen nicht so viel passiert ist, durch die EM und die Deutsche Meisterschaft. Da war so viel in Bewegung, und ich hatte nicht die Ruhe, um mich einfach mal fest dran zu setzen. Aber grundsätzlich habe ich alle Möglichkeiten, an der Doktorarbeit zu schreiben. Ich kann das über einen Fernzugang machen und brauche nicht unbedingt vor Ort zu sein.
Wie hilft Dir denn das Deutsche Bank-Sport-Stipendium der Sporthilfe?
Das ist natürlich sehr, sehr hilfreich. Vor allem die Zeit der Pendelei war einfach auch kostenintensiv, jede Woche mit dem Zug nach Mannheim und Übernachtungen oft im Hotel. Und sehr hilfreich ist es auch weiterhin. Kader-Berufungen gelten ja immer nur für ein Jahr. Durch das Stipendium weiß man einfach, ok, die nächsten drei Semester ist diese Unterstützung sicher. Man muss also eine Zeit lang nicht bangen, wie das Ganze finanziell weitergeht. Ich bin dafür sehr dankbar.
Und jetzt wurdest Du nominiert für die Wahl „Sport-Sstipendiat:in des Jahres“. Was bedeutet Dir das?
Der Anruf hat mich beim Training erreicht, und ich habe mich total gefreut. So: Hey ich bin unter den besten fünf. Man weiß ja, wie viele Athleten gleichzeitig noch studieren und welche Erfolge da so gefeiert werden. Und wenn man unter den besten fünf ist, bedeutet das viel, weil dann natürlich die Leistung auch anerkannt wird.
Mit der Du hoch zufrieden sein kannst.
In der Tat. Für dieses Jahr war mein Ziel die Teilnahme an der Europameisterschaft. Egal wie die Saison noch weiter verläuft, ich habe im Grunde schon alle meine Saisonziele erreicht. Langfristig sind natürlich die Olympischen Spiele 2028 ein großes Ziel. Deshalb liegt der Fokus auch jetzt erst mal auf dem Sport, aber ich werde auch meinen Beruf nicht aus den Augen verlieren und an der Doktorarbeit weiterschreiben. Ich habe das Glück, dass mein Verein mich auch ein bisschen unterstützt, und zwar langfristig. Er hat ein Konzept erstellt zur Förderung von Athlet:innen mit dem Ziel Olympia 2028, und da bin ich so ein bisschen das Pilotprojekt. Ich hoffe, dass sich dieses Projekt in Münster langfristig durchsetzen kann.
Veröffentlicht am 08. Juli 2024
Das Interview führte Ulrike Spitz. Abdruck honorarfrei mit Quellenangabe „Sporthilfe“.
Geburtsdatum: 09.02.2000
Sportart: Leichtathletik/Weitsprung
Sporthilfe gefördert seit: 2018
Wohnort: Mannheim
Verein: LG Brillux Münster
Größter Erfolg: EM-Achter 2024
Studium: Humanmedizin
Hochschule: Universität Münster
Die Deutsche Bank, seit 2001 Partner und seit 2008 Nationaler Förderer der Sporthilfe, unterstützt im Rahmen der Sporthilfe-Förderung rund 300 studierende Spitzenathlet:innen mit dem Deutsche Bank Sport-Stipendium mit einer Zusatzförderung in Höhe von 300 Euro pro Monat. Die besonderen Leistungen der studierenden Athlet:innen werden mit der Wahl „Sport-Stipendiat:in des Jahres“ zusätzlich gewürdigt. Die Deutsche Bank verdoppelt dem oder der Sieger:in das monatliche Stipendium für 18 Monate auf 600 Euro. Die anderen vier Nominierten erhalten für den gleichen Zeitraum die Hälfte des Betrags als Zusatzförderung.