Tabea Botthof

Eishockey-Nationalspielerin Tabea Botthof im Sporthilfe-Interview: „Ich bringe schon mein ganzes Leben lang erst Schule und jetzt mein Studium mit dem Spitzensport unter einen Hut“

Eishockeyspielerin Tabea Botthof studiert Humanmedizin und spielt in der Nationalmannschaft, mit der sie im April bei der Weltmeisterschaft in den USA einen sehr guten sechsten Platz erreichte. Nach Auslandsaufenthalten bei Yale University und SDE in der schwedischen SDHL kehrte sie in der vergangenen Saison zurück in die Fraueneishockey-Bundesliga zu den Mad Dogs Mannheim. In den USA schloss sie nach sieben Semestern ein Studium mit dem Bachelor of Science Psychologie und Neurowissenschaften ab. Ihr großes sportliches Ziel ist die Olympiateilnahme 2026 in Mailand. Jetzt ist die Eishockey-Nationalspielerin und Medizinstudentin eine der Kandidat:innen bei der Wahl zum:zur „Sport-Stipendiat:in des Jahres“ 2024.

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Das deutsche Frauen-Eishockey-Team war 2014 in Sotschi zuletzt bei Olympischen Spielen dabei. Was fällt Dir beim Thema Olympische Winterspiele 2026 in Mailand ein?

Es ist unser großes Ziel, nach zwölf Jahren wieder bei Olympia dabei zu sein. Das ganze Team träumt schon einige Jahre davon, nur leider hat es zweimal nacheinander in der Olympiaqualifikation knapp nicht gereicht. Für viele wäre es also 2026 das erste und vielleicht das einzige Mal, Olympische Spiele zu erleben. Und es wäre natürlich extrem wichtig für das Frauen-Eishockey in Deutschland.

Damit spielst Du auf den Stellenwert Deiner Sportart in Deutschland an. Du hast in den USA und Schweden Eishockey gespielt. Was sind Deine Erfahrungen?

Frauen-Eishockey steht in Deutschland den beiden Ländern natürlich noch um einiges nach, sei es bei der medialen Präsenz, den Finanzen und vor allem den Rahmenbedingungen. Aber in beiden Ländern hat der Eishockeysport generell eine größere Tradition. In den USA hat Sport insgesamt einen sehr hohen Stellenwert, und Eishockey ist eine Nationalsportart. Dadurch ist das System mit dem College-Eishockey, in dem ich gespielt habe, sehr ausgereift und professionell, auch finanziell, es ist topp.

Ich habe als Studentin sehr davon profitiert, da habe ich mich wirklich gefühlt wie ein Profi. 

In Schweden gibt es eine professionelle Liga, die auch für ausländische Spielerinnen sehr attraktiv ist. Die meisten Teams sind eng an die Männermannschaften geknüpft, benutzen die gleichen Facilities und haben auch professionelle General Managers. Es ist alles gut aufgebaut und auch finanziell viel besser unterstützt als in Deutschland.

Du spielst mittlerweile wieder in Deutschland. War es eine große Umstellung?

Ich war zwar sehr professionelle Bedingungen gewohnt, wusste aber, dass es hier anders ist und noch einiges an Arbeit vor uns liegt. Einerseits ist es schade, dass wir diese Bedingungen noch nicht haben, andererseits freue ich mich, dass ich Teil dieses Prozesses sein und mithelfen kann, Frauen-Eishockey in Deutschland voranzubringen.

Es hat sich ja auch in den letzten Jahren einiges in die richtige Richtung entwickelt. Das merkt man vor allem im Nachwuchs. Die Mädchen, die jetzt bei uns in die Nationalmannschaft nachrücken, haben eine deutlich bessere Ausbildung als früher. Aber damit geben wir uns nicht zufrieden, unser Ziel ist schon, irgendwann dahin zu kommen, wo zum Beispiel Schweden ist.

Wie kannst Du Deine Sportart mit Deiner internationalen Erfahrung unterstützen?

Ganz wichtig ist, dass in der Liga viele Nationalspielerinnen spielen, um den Konkurrenzkampf und damit das Niveau hochzuhalten, damit die Leistung einfach besser wird. In der Bundesliga spielen wenige Ausländerinnen, man darf zum Beispiel maximal zwei Nordamerikanerinnen unter Vertrag nehmen, deshalb sind die deutschen Nationalspielerinnen so wichtig. Viele von uns haben auch schon im Ausland gespielt, das hilft in der Bundesliga spielerisch natürlich weiter. Und ganz wichtig ist, dass man von unseren Erfahrungen profitieren kann. Nur ein Beispiel: Im Ausland ist eben viermal Athletiktraining in der Woche normal, und daran kann man sich orientieren. So etwas kann ich bei uns in Mannheim natürlich einbringen.

Ich bringe schon mein ganz Leben lang erst Schule und jetzt mein Studium mit dem Spitzensport unter einen Hut.

Neben Deinem sportlichen Engagement hast Du bereits einen Studienabschluss gemacht und studierst derzeit Medizin. Für andere wäre das allein ein Vollzeitjob…

Naja, ganz einfach ist das nicht, es braucht schon Disziplin und ein gutes Zeitmanagement. Aber es ist möglich. Man hat natürlich nicht so viel Freizeit wie andere, aber ich mache das ja schon mein Leben lang, dass ich Schule und dann Uni unter einen Hut bringe mit den ganzen Herausforderungen im Sport. Irgendwie bin ich`s einfach so gewohnt. Es gefällt mir auch gut, es ist ja auch ein schöner Ausgleich.

Und wie läuft es jetzt? Im Frühjahr hattet ihr eine erfolgreiche WM mit Platz sechs, nächstes Jahr die Olympiaqualifikation und wieder eine WM, dazu die Bundesliga. Ist ein ganz schön hartes Programm, wenn man, wie Du, das Studium in Regelstudienzeit absolvieren will.

Bisher hat das super geklappt. Ich bin jetzt in der Vorklinik, das dauert regulär zwei Jahre. Aktuell bin ich im Modellstudiengang der Uni Heidelberg mit einer bestimmten Organisationsform, so dass ich das im Prinzip gut mit dem Eishockey verbinden kann. Die Uni kooperiert sehr gut mit uns Sportler:innen. Ich will das auch bis zum Ende dieser Vorklinik-Zeit durchziehen, das sind jetzt noch zwei Semester. Im nächsten Abschnitt wird es dann etwas flexibler, da kann ich vielleicht ein bisschen mehr schieben, wobei man immer auch Präsenzzeiten hat.

Wie sehr hilft Dir das Deutsche Bank Sport-Stipendium dabei, beides zu verbinden?

Ich schätze es sehr, dass die Sporthilfe solche Partner hat wie die Deutsche Bank. Weil damit unterstützt wird, dass man nicht nur Profisportler:in ist, sondern gleichzeitig studiert und auf die berufliche Zukunft danach schaut. Und dass man dabei vielleicht bestimmte Qualitäten entwickelt, die Unternehmen, wie z.B. die Deutsche Bank, als positiv erachten und die auch Anerkennung finden. Das ist ein Aspekt, der mir sehr gut gefällt. Und natürlich ist es finanziell eine große Hilfe, so braucht man eben nicht noch einen Nebenjob, sondern kann sich auf Studium und Sport konzentrieren.

Und jetzt bist Du auch noch im Kandidatenkreis für die Wahl „Sport-Stipendiat:in des Jahres“.

Das ist erst mal unglaublich. Einerseits ist es ja eher selten, als Mannschaftssportlerin persönlich im Fokus zu stehen. Andererseits finde ich das total schön, dass ich nicht nur mich selbst repräsentieren kann, sondern auch meine Sportart und all die anderen, die auch studieren und in der Nationalmannschaft spielen. Es ist eine große Ehre, dass ich das so zeigen darf. Ich freue mich sehr über diese Anerkennung.

 

Veröffentlicht am 08. Juli 2024

Das Interview führte Ulrike Spitz. Abdruck honorarfrei mit Quellenangabe „Sporthilfe“.


Geburtsdatum: 01.06.2000

Sportart: Eishockey

Wohnort: Mannheim

Verein: Mad Dogs Mannheim

Größte Erfolge: WM-Vierte 2017, WM-Sechste 2024

Studium: Humanmedizin

Hochschule: Universität Heidelberg 

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Die Deutsche Bank, seit 2001 Partner und seit 2008 Nationaler Förderer der Sporthilfe, unterstützt im Rahmen der Sporthilfe-Förderung rund 300 studierende Spitzenathlet:innen mit dem Deutsche Bank Sport-Stipendium mit einer Zusatzförderung in Höhe von 300 Euro pro Monat. Die besonderen Leistungen der studierenden Athlet:innen werden mit der Wahl „Sport-Stipendiat:in des Jahres“ zusätzlich gewürdigt. Die Deutsche Bank verdoppelt dem oder der Sieger:in das monatliche Stipendium für 18 Monate auf 600 Euro. Die anderen vier Nominierten erhalten für den gleichen Zeitraum die Hälfte des Betrags als Zusatzförderung.


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