Schwimmer Taliso Engel: Der Para-Shootingstar im Sporthilfe-Porträt

Die Sporthilfe-Auszeichnung als „Juniorsportler:in des Jahres“ lässt auf eine große Karriere hoffen: Nicht wenige ehemalige Preisträger:innen starteten nach der Ehrung eine bemerkenswerte Laufbahn. Auch 2021 ehrten Deutsche Sporthilfe und Deutsche Telekom in der Sportstadt Düsseldorf in vier Kategorien die besten Nachwuchstalente Deutschlands.


Vier Sekunden und zwei Hundertstel – so viel liegt zwischen dem deutschen Rekord über 100 Meter Brust von Fabian Schwingenschlögl und der Bestzeit von Taliso Engel. Oder besser: So wenig, denn Engel hat gegenüber dem elf Jahre älteren Olympia-Teilnehmer, der seinen Leistungszenit mit Anfang 30 erreichte, noch ein weiteres Handicap. Er ist von Geburt an sehbehindert, hat ein Sehvermögen von weniger als zehn Prozent. Im paralympischen Sport ist er als Paralympics-Sieger von Tokio, amtierender Welt- und Europameister aber schon mit 19 Jahren ein ganz Großer – und nun auch Juniorsportler des Jahres. Die Diagnose bekam die Familie Engel aus der Nähe von Nürnberg, als Taliso zweieinhalb Jahre alt war:

 

Überragende Leistung: Bei den Paralympics in Tokio sicherte sich der Para-Shootingstar die Goldmedaille und stellte obendrein einen neuen Weltrekord auf seiner Paradestrecke auf (Foto: picture alliance)

 

Dauerhafte Sehbehinderung, keine Aussicht auf Heilung oder Korrektur. Nichtsdestotrotz entwickelte sich Taliso zu einem positiv gestimmten Menschen, der offen auf Neues zugeht und seinen Alltag eigenständig meistert. Weil seine Mutter Cosima wollte, dass ihr Sohn gut und sicher schwimmen lernt, machte er früh Bekanntschaft mit dem Wasser. Im Becken orientiert er sich an der schwarzen Linie am Boden und der Leine zwischen den Bahnen. Leistungssport wurde daraus 2012, als Taliso Engel als Zehnjähriger erstmals an den Deutschen Kurzbahnmeisterschaften teilnahm. Der weitere Weg des Schülers ist moderne Geschichte: 2018 wurde er Europameister, 2019 Weltmeister, 2021 wieder Europameister.

Allein das ist schon Grund genug, ihn als „Juniorsportler des Jahres“ auszuzeichnen – eine Ehre, die vor ihm unter anderem den Paralympics-Sieger:innen Anna-Lena Forster (Ski alpin, 2014), Johannes Floors (Leichtathletik, 2015) und Lindy Ave (Leichtathletik, 2017) zuteilwurde. Im September wurde Taliso dann endgültig zum „Gold-Engel“, als er in Tokio in seinen Läufen über 100 Meter Brust dreimal Weltrekord schwamm und die Konkurrenz im Finale um 1,5 Sekunden distanzierte.

Das erste deutsche Paralympics-Gold im Schwimmen seit London 2012 und das gleich doppelt – Engels Triumph fand nur wenige Minuten nach dem Sieg von Elena Krawzow statt, die 2013 selbst als „Juniorsportlerin des Jahres“ ausgezeichnet worden war und deren früherer Coach damals in Franken auch einen Anteil an Engels Karriere hatte.

Gemeinsam mit der neun Jahre älteren Krawzow, die derzeit krankheitsbedingt mit dem Sport pausieren muss, taugt Engel nicht nur als sportliches Vorbild, sondern auch als Role Model für die gesamte paralympische Bewegung. Mit seinen Leistungen, aber auch mit seinem Auftreten und dem Umgang mit seinem Handicap ist er für den paralympischen Leistungssport ein Glücksfall, wenn es darum geht, für Medien und Öffentlichkeit attraktiver zu werden. Am Schwimmsport fasziniert Taliso Engel im Übrigen die Möglichkeit, sich und seine Technik immer weiter zu verbessern – hier und auch außerhalb des Beckens dürfte er in den kommenden Jahren zu den Führungspersönlichkeiten im Para-Sport gehören.

 

(Veröffentlicht am 05.01.2022)

Erschienen im Sporthilfe-Magazin go!d - Ausgabe (3/2021)


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