Früher Hockey-Torwart, heute Unternehmer: Olympiasieger Nicolas Jacobi (Foto: privat)

Weiter, immer weiter: Wenn Leistungssportler zu Gründern werden

Drei ehemalige Leistungssportler, drei Gründer - und drei Geschichten über Start-ups und deren erfolgreiche Entwicklung in der freien Wirtschaft.


Es müssen nicht immer Cinderella-Geschichten sein. Nicht immer ist es die Story vom Tellerwäscher zum Millionär, wie im vielzitierten „American Dream“. Es läuft nicht immer alles glatt, sondern Rückschläge sind fester Bestandteil des Prozesses. Die Rede ist von Firmengründungen, von Start-ups, und den Versuchen ehemaliger Leistungssportler, im Berufsleben einen Unterschied zu machen.

Digitalisierung als große Chance

Einer von ihnen ist Hagen Rothe, Junioren-Weltmeister im Ruder-Doppelzweier 2007 und Deutscher Meister im Einer 2012. Mit drei Freunden entwickelt der heute 28-Jährige vor fünf Jahren die Idee zu einem Ruderergometer. Mit „augletics“ haben sie ein durch eine digitale Applikation steuerbares Gerät konzipiert, dessen Einsatz sich sowohl für Rudervereine, als auch für Fitnessstudios eignet. Gemessen an Entwicklungen aus Nordamerika erkennt Rothe einen „positiven Trend“ für Rudergeräte und setzt auf ein „steigendes Interesse“ für einen Sport, der seiner Meinung nach zu den „effektivsten und am unterschätztesten“ Fitness-Sportarten zählt. Dabei setzt der ehemalige Leistungssportler auf einen wichtigen Faktor: die Digitalisierung. „Viele Fitnessstudios legen Wert auf eine Modernisierung ihrer Angebote und es gibt eben kaum digitalisierte Ruderergometer – wir haben jedoch eins, was natürlich nicht von Nachteil ist.“

Hagen Rothe (2.v.l.) und „augletics“ gewannen den Gründerpreis der Berliner Sparkasse 2017 (Foto: privat)

Das Stichwort Digitalisierung löst auch bei Christian Friedrich positive Gefühle aus. Der Ex-Bobfahrer, dessen größter Erfolg die Silbermedaille im Viererbob bei der WM 2011 ist, gehört ebenfalls zu den Athleten, die den Übergang von Leistungssport zum Berufsleben gemeistert und den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben. Mit seiner Firma „statmath“ mischt er im Bereich der Datenanalyse mit, Prunkstück ist eine vielseitig einsetzbare Prognosesoftware.

Christian Friedrich in seinem neuen Metier (Foto: Sinan Muslu / neun a ohg)

Als wichtigen Baustein für den Erfolg des Produkts sieht der 37-Jährige „eine gewisse Prozessunabhängigkeit“. Auf die Frage, wie der gelernte Mathematiker zu der Idee kam, antwortet er lachend mit „klassisch hineingeschliddert“. Diese Metapher zu überhöhen, wäre zu platt – man merkt jedoch trotzdem: die Eisbahn hat für den ehemalige Bob-Anschieber noch immer einen hohen Stellenwert. Besonders der Umgang mit Rückschlägen spielt dabei eine wichtige Rolle. Mehrmals verhinderten verschiedene Verletzungen eine Teilnahme an großen Wettkämpfen. Immer wieder kämpfte sich Friedrich zurück. „Das Hinfallen-und-Wiederaufstehen habe ich während meiner Karriere ausreichend geübt – und mir letztlich auch zu Nutze gemacht“, erzählt der 36-Jährige. „Nicht nervös zu werden, sondern sich stattdessen zu fokussieren – das hilft nicht nur im Leistungssport, sondern eben auch in der Business- Welt“, schlägt der Silbermedaillengewinner den Bogen zwischen seinen zwei Welten.

Das Hinfallen-und-Wiederaufstehen habe ich während meiner Karriere ausreichend geübt – und mir letztlich auch zu Nutze gemacht.

Ähnliche Erkenntnisse hat auch Nicolas Jacobi gewonnen. „In der Start-up-Szene geht es immer auf und ab. Die Hochs und Tiefs folgen sehr nah aufeinander“, schätzt der Hockey-Olympiasieger von 2012 und Bronzemedaillen-Gewinner von 2016 die Lage in der Gründerszene ähnlich ein. Der Weg in die Selbstständigkeit begann für den heute 31-Jährigen mit der Odyssee einer Wohnungssuche. Viel Zeit investiert, geringe Erfolgschancen, der ganz normale Wahnsinn. Jacobi ärgerte sich so sehr darüber, dass er gemeinsam mit zwei Freunden überlegte, wie sie dieses Problem bekämpfen können. Entstanden ist „Immomio“ – eine Software für den Wohnungsmarkt, bei der mit Hilfe eines Algorithmus Matchups zwischen Vermietern und Interessenten erstellt werden. Ein voller Erfolg? „Wir sind auf einem guten Weg, aber der Prozess war auch ein hartes Stück Arbeit“, bewertet der ehemalige Hockey-Nationaltorwart den Werdegang.

Ex-Hockey-Torwart Nicolas Jacobi hat Schläger und Maske inzwischen gegen Hemd und Jackett getauscht (Foto: privat)

Learnings aus der Sportkarriere

Dabei helfen Jacobi Fähigkeiten, die er durch den Leistungssport erlernt hat. Der gebürtige Mainzer sagt:

Ausdauer, eine gewisse Penetranz, zu haben, an dein Ziel zu glauben und nicht zu schnell aufzugeben – das sind Attribute, die ich aus dem Sport mitgenommen habe.

Nebst dieser Eigenschaften sieht Hagen Rothe jedoch auch einen weiteren Punkt als unabdingbar an: „Man muss mit Angst und Ungewissheit leben können.“ Also eine mentale Stärke besitzen, die viele Spitzensportler auszeichnet. Doch alleine schafft man es nie, da sind sich alle drei Ex-Athleten einig. „In der Selbstständigkeit bist du nur erfolgreich, wenn du ein gutes Team um dich hast. Das klingt zwar abgedroschen, aber du brauchst sowohl im Sport als auch im Beruf ein gutes Umfeld, die richtigen Partner und Unterstützer“, verweist Christian Friedrich auf die Parallelen zwischen Sport und Wirtschaft. Wenn dann noch das berühmte Quäntchen Glück hinzukommt, kann sich Erfolg einstellen. Mit Cinderella hat das jedoch nichts zu tun.



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