Als es darauf ankam, in den letzten Sekunden, waren die deutschen Basketballerinnen da. In Belém im Februar und in Debrecen im Mai. Die 5-gegen-5-Nationalmannschaft und das 3x3-Team schafften Historisches. Beide haben sich für die Olympischen Sommerspiele in Paris qualifiziert, zum ersten Mal überhaupt.
Bundestrainerin Lisa Thomaidis hob „Willen und Leidenschaft“ der Mannschaft hervor. „Das habe ich noch nie erlebt“, sagte die Kanadierin nach dem Sieg über Brasilien. Dass sie ihre Spielerinnen etwas martialisch als „warriors“, Kriegerinnen, bezeichnete, hat wohl mit der Widerstandsfähigkeit zu tun, die die Deutschen gegen die sehr körperbetont spielenden Brasilianerinnen gezeigt hatten.
Satou Sabally stellte sich trotz einer Schulterverletzung zur Verfügung, wollte mithelfen, die Olympia-Teilnahme zu schaffen. Statt wie sonst mit links warf die 26-Jährige eben mit rechts, um die lädierte Schulter zu schützen – und musste sich immer wieder harter Attacken, zum Teil gezielt auf den getapten Arm, erwehren. Aber Sabally biss auf die Zähne, hielt nicht nur durch, sondern war auch mit 20 Punkten und elf Rebounds die herausragende Spielerin in dieser für Deutschland so historischen Partie.
Bundestrainerin Lisa Thomaidis hob „Willen und Leidenschaft“ der Mannschaft hervor. „Das habe ich noch nie erlebt“, sagte die Kanadierin nach dem Sieg über Brasilien. Dass sie ihre Spielerinnen etwas martialisch als „warriors“, Kriegerinnen, bezeichnete, hat wohl mit der Widerstandsfähigkeit zu tun, die die Deutschen gegen die sehr körperbetont spielenden Brasilianerinnen gezeigt hatten.
Satou Sabally stellte sich trotz einer Schulterverletzung zur Verfügung, wollte mithelfen, die Olympia-Teilnahme zu schaffen. Statt wie sonst mit links warf die 26-Jährige eben mit rechts, um die lädierte Schulter zu schützen – und musste sich immer wieder harter Attacken, zum Teil gezielt auf den getapten Arm, erwehren. Aber Sabally biss auf die Zähne, hielt nicht nur durch, sondern war auch mit 20 Punkten und elf Rebounds die herausragende Spielerin in dieser für Deutschland so historischen Partie. In Debrecen sorgte Svenja Brunckhorst, die gleichzeitig Kapitänin der 5-gegen-5-Nationalmannschaft ist, für das Paris-Ticket im 3x3. Im entscheidenden Halbfinale gegen Ungarn warf sie jenseits der Zweierlinie in der Schlusssekunde den Ball zum 19:17-Sieg in den Korb.
Auch 3x3-Disziplin-Trainer Samir Suleman sah in der „mentalen Ausdauer“ seiner Spielerinnen den Schlüssel zum Erfolg: „Egal was sich uns in den Weg gestellt oder welchen Widrigkeiten wir gegenüberstanden, diese Mannschaft hat eine Lösung gefunden.“ Für Svenja Brunckhorst, die beide Turniere gespielt hat, war die Olympia-Qualifikation für das 3x3-Team zwar keine Selbstverständlichkeit, aber „die Chance war etwas realistischer für uns als mit der Mannschaft in Belém“, findet sie. Die noch sehr junge Disziplin, die in Tokio zum ersten Mal zum olympischen Programm gehörte, wird ebenfalls von den traditionell starken Basketball-Nationen dominiert. Und dazu gehörten die deutschen Frauen bisher nicht.
Die Erfolge der deutschen Basketballerinnen sind fast noch erstaunlicher als der WM-Titel der Männer im vergangenen September. Denn Frauen-Basketball, sagte Satou Sabally Ende des vergangenen Jahres in einem Interview der ZEIT, „ist eine sehr große Nische“. Sowohl auf Nationalmannschafts-Ebene als auch in der Liga. Und daran hat erst einmal die Olympia-Qualifikation der beiden Mannschaften nichts geändert.
Zum ersten Mal überhaupt sind die deutschen Basketballerinnen bei Olympia dabei
In Paris gehen sie gleich in zwei Disziplinen an den Start: im 5-gegen-5 und im 3x3
Basketballerinnen werden im Top-Team der Sporthilfe gefördert
Spielerinnen gehören dem Perspektivkader an und erhalten somit die Top-Team Future-Förderung
„Wenn man auf hohem Niveau spielen und Geld damit verdienen will, muss man eigentlich ins Ausland gehen“, sagt Satou Sabally. Sie zog mit 19 in die USA, um an der University of Oregon zu studieren und für die Hochschulmannschaft zu spielen, drei Jahre später wurde sie von dem WNBA-Klub Dallas Wings gedraftet. In der vergangenen Saison erhielt sie die Auszeichnung „Most Improved Player“ der WNBA, jene Spielerin, die den größten Entwicklungsschritt gemacht hat.
Wie Saballys zwei Jahre jüngere Schwester Nyara spielt auch Leonie Fiebich in dieser Saison bei New York Liberty. Sie hat einen Vertrag als Rookie erhalten und verdient „schon okay“, findet die 24 Jahre alte Oberbayerin. Aber eben nicht üppig. „Wir Frauen müssen aus finanziellen Gründen das ganze Jahr über spielen“, also während der WNBA-Pause in Europa. Sie selbst steht zusätzlich bei Saragossa in Spanien unter Vertrag. Satou Sabally spielte in der Türkei und zuletzt in China.
In diesem Jahr wird Fiebich nach dem Ende der WNBA-Saison allerdings bis Weihnachten pausieren, „mein Körper macht das sonst nicht mit“. Sie kann sich das erlauben, weil sie zu den deutschen Top-Spielerinnen gehört und mittlerweile vergleichsweise ordentlich verdient. Trotzdem spielte in den vergangenen Jahren auch die Unterstützung der Sporthilfe eine wichtige Rolle für sie. Sowohl Fiebich als auch Brunckhorst wurden während ihres Studiums dank des Deutschen-Bank-Stipendiums mit 400 Euro im Monat unterstützt. Weil eine kostenfreie Universität mit Anwesenheitspflicht aus Zeitgründen für beide nicht in Frage kam, mussten sie sich in einer privaten Hochschule mit der Möglichkeit des Fernstudiums einschreiben. Brunckhorst hat Internationales Management und Sportmangement an der Hochschule für angewandtes Management in München-Ismaning studiert, Fiebich an der SRH-Fernuni in Riedlingen Wirtschaftspsychologie. Das Stipendium hat bei beiden die Studiengebühren gedeckt. „Es ist nicht so einfach, neben dem Leistungssport zu studieren. Deshalb bin ich froh, dass ich da eine Unterstützung hatte“, sagt Fiebich.
Bis Anfang 2024 hatte das 5-gegen-5-Team lediglich einen „Teamsport“-Kaderstatus, der ausdrückt, dass diesem nur eine geringe Erfolgsperspektive zugetraut wird. Entsprechend klein fiel die öffentliche Unterstützung für Lehrgangsmaßnahmen und selbst für die Teilnahme an Welt- oder Europameisterschaften aus. Umso wichtiger war für die Nationalspielerinnen im Fünf-gegen-Fünf die Unterstützung durch die Sporthilfe, die sie individuell förderte – die studierenden Spielerinnen oder aber auch Nyara Sabally, eine der Hoffnungsträgerinnen des deutschen Frauen-Basketballs. Die U18-Europameisterin erhielt in den vergangenen Jahren aufgrund mehrerer Knieoperationen, damit verbundener Pausen und reduzierter Einnahmequellen jeweils 500 Euro pro Monat. Sie hat einen ähnlichen Karriere-Weg wie ihre Schwester eingeschlagen, wechselte früh in die USA und spielte College-Basketball für die Oregon Ducks. 2022 wurde sie von New York Liberty gedraftet, verpasste aber die erste Saison wegen ihrer Knieverletzung.
Mittlerweile gehören neun Spielerinnen der 5-gegen-5-Nationalmannschaft zum Olympia-Kader des Deutschen Olympischen Sportbundes und erhalten damit die Top-Team-Förderung der Sporthilfe, weitere sieben werden im Top-Team Future unterstützt. Ausschlaggebend dafür war der – ebenfalls überraschende – sechste Platz bei der Europameisterschaft 2023. Auch das für Paris qualifizierte 3x3-Team erhält die Top-Team-Förderung, darunter Svenja Brunckhorst, die ebenso wie Sonja Greinacher in beiden Disziplinen das Olympia-Ticket buchte. Antreten können sie aus logistischen Gründen jedoch nur in einem Wettbewerb. Brunckhorst hatte vor knapp drei Jahren ihre Vereinskarriere beendet, um sich neben der Nationalmannschaft vor allem auf das 3x3-Team am Stützpunkt in Hannover zu konzentrieren. „Das ist wie ein kleines Start-up“, sagt Brunckhorst. „Ich wollte da etwas aufbauen“, und das sei mit regelmäßigem Training und Spielen im Verein nicht vereinbar gewesen. Brunckhorst steht mit 32 am Ende ihrer Karriere, nach den Olympischen Spielen übernimmt sie bei Alba Berlin den Posten der Managerin für den weiblichen Nachwuchs.
Wenn die deutschen Basketballerinnen im Juli in Paris auf der Straße (3x3) und in Lille in der Halle zum ersten Mal im olympischen Rampenlicht stehen, wollen sie die Bühne nutzen. Sie stehen hierzulande nicht nur im Schatten der männlichen Kollegen, der aktuellen Weltmeister um Dennis Schröder, sondern auch anderer Mannschaftssportarten. Beim Volleyball, auch beim Hockey, erst recht natürlich beim Fußball haben die Frauen-Teams mehr mediale Aufmerksamkeit. Das Turnier in Brasilien hat immerhin Magenta live und kostenfrei übertragen, Emotionen transportiert, beim Jubeln und in den Interviews. Auch das entscheidende Halbfinale der 3x3-Mannschaft in Ungarn war zu sehen, wenn auch nur als Aufzeichnung am Abend bei Eurosport. „Wir haben uns im Verband fest auf die Fahnen geschrieben, in den kommenden Jahren den weiblichen Basketball verstärkt zu fördern“, sagte Präsident Ingo Weiß. Bei den Nationalmannschaften tragen die Anstrengungen erste Früchte, auch weil es mit Brunckhorst, Fiebich und den Sabally-Schwestern Spielerinnen gibt, die nicht nur Persönlichkeiten sind, sondern eben auch erfolgreich. Nun versucht auch die Liga nachzuziehen.
Für Andreas Wagner, den 1. Vorsitzenden der Deutschen Damen Basketball Liga (DBBL), ist eine Professionalisierung längst überfällig. Im April sind die neuen Standards, die bis 2030 erreicht werden sollen, beschlossen worden. Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, Werbemaßnahmen und ein Ausbildungsfonds gehören ebenso dazu wie die Vorgabe, dass die Vereine verpflichtend deutsche Spielerinnen auf der Bank haben. Die Spiele der DBBL werden bisher gestreamt. „Aber daran müssen wir noch arbeiten“, weiß Wagner. Es gebe weder Pressekonferenzen noch Interviews mit Spielerinnen vor Werbebanden, insgesamt viel zu wenig bewegte Bilder. „Es ist noch ein weiter Weg“, sagt Wagner. Die jüngsten Erfolge der Nationalmannschaft können helfen. „Diesen Schwung müssen wir komplett mitnehmen und eine Euphorie entwickeln.“
Die aktive Reise wird zwar für Svenja Brunckhorst mit den Olympischen Spielen enden, aber für den Rest der Mannschaft noch lange nicht. Im kommenden Jahr finden in Hamburg Vorrundenspiele der EM statt und 2026 in Berlin die Weltmeisterschaft. Die Sommerspiele in Frankreich sind auch so etwas wie eine Vorbereitung auf diese beiden Turniere. „Olympia“, sagt die Bundestrainerin, „wird für uns alle eine wichtige Erfahrung.“ Lisa Thomaidis hat es innerhalb kurzer Zeit geschafft, einen Mannschaftsgeist zu wecken. In Zoom-Meetings hatten sich die verstreuten Spielerinnen immer wieder zusammengeschaltet und „ein Gefühl füreinander entwickelt“, sagt Brunckhorst. Darauf, findet Fiebich, könne man aufbauen. Aber dieser Prozess sei noch nicht beendet. „Wir haben schon noch Luft nach oben.“
Autorin: Elisabeth Schlammerl
Erschienen im Sporthilfe Magazin