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Freiwasserschwimmerin Leonie Beck: "Ich will unbedingt in Paris eine Olympia-Medaille holen"

Leonie schwamm bei den Olympischen Spielen in Tokio über die 10 km-Distanz das Rennen ihres Lebens und verpasste auf Rang 5 Bronze nur um 2,6 Sekunden. Nachdem die Wahl-Würzburgerin ihre ersten Erfolge noch im Becken gefeiert und dort 2016 in Rio bereits Olympia-Luft geschnuppert hatte, konzentriert sie sich inzwischen ausschließlich auf die längeren Distanzen im Freiwasser – mit Erfolg: 2019 gewann sie erstmals WM-Bronze über 5 km. Kurz vor den Olympischen Spielen von Tokio im Sommer 2021 erbrachte die heute 25-Jährige die finalen Leistungen für ihren Masterabschluss im Fach Medienkommunikation in Würzburg. Wenige Wochen nach den Spielen schloss sie ihr Studium erfolgreich mit der Note 1,7 ab. Jetzt steht Leonie zur Wahl bei der Auszeichnung "Sport-Stipendiat:in des Jahres" von Deutscher Sporthilfe und Deutscher Bank.


Leonie, Du stehst zur Wahl mit der Empfehlung eines fünften Platzes bei den Olympischen Spielen von Tokio 2021 über 10 km. Nur 2,6 Sekunden fehlten zu Bronze – wie bewertest Du das heute mit etwas Abstand?

Ich war sehr zufrieden mit dem Rennen und hatte auch richtig Spaß – das ist mir über 10 km noch nie passiert. Leider haben die Kräfte auf der letzten halben Runde etwas gefehlt, aber ansonsten war es das beste Rennen meiner bisherigen Karriere. Gewissermaßen war es ein Wendepunkt für mich, weil ich zu Beginn meiner Laufbahn noch im Becken unterwegs war und nun verstanden habe, wie Freiwasser funktioniert und das nötige Selbstvertrauen gewonnen habe. Mit etwas Abstand denke ich natürlich, dass es auch eine Medaille hätte sein können, aber ich möchte es nicht schlechtreden. Es hat mir aber eines gezeigt:

Ich will unbedingt in Paris 2024 wieder an den Start gehen und eine Medaille für Deutschland holen.

Aus dem Becken an den Schreibtisch: Direkt nach den Olympischen Spielen in Tokio fokussierte sich Leonie wieder auf ihre Masterarbeit und schloss ihr Studium nur wenige Wochen später mit der Note 1,7 ab. (Foto: Deutsche Bank)

 

Die Spiele fanden ein Jahr später statt als ursprünglich geplant. Wie hast Du diese mentale Herausforderung gemeistert?

Das größte Problem war, dass in der Vorbereitung die Wettkämpfe gefehlt haben und ich noch nicht so lange im Freiwasser unterwegs bin. Es ist eine sehr erfahrungsgeprägte Sportart. Darüber hinaus bewundere ich die Sportler, die von sich gesagt haben, sie seien während der Corona-Pandemie hochmotiviert gewesen. Ich hatte nicht so viele Hochs.

Wenn man über Wochen nicht trainieren kann, im Trainingslager nicht einmal rausgehen darf, dann ist das mental nicht einfach.

Mein Studium hat mir hier geholfen, eigentlich wollte ich zwischen Bachelor und Master ein Jahr aussetzen, um mich auf Olympia vorzubereiten. Zum Glück habe ich mich dagegen entschieden und konnte so meine freie Zeit deutlich mehr ins Studium investieren.

Nach einem so langen Olympia-Zyklus fallen viele Leistungssportler:innen erst einmal in ein Loch. Wie ist es Dir nach Deinen zweiten Spielen ergangen?

Nach den Olympischen Spielen habe ich mich fast unmittelbar an meine Masterarbeit gesetzt, die fertig werden musste und von der vor Tokio noch nicht eine Seite geschrieben war. In der Woche vor den Spielen hatte ich noch meine Online-Umfrage gestartet und die Daten erhoben, aber danach musste ich mich dann tatsächlich zu 100 Prozent auf mein Rennen konzentrieren. (lacht) Gerade dieser „Stress“, die Masterarbeit fertig zu bekommen, hat mich wohl vor einem mentalen Loch bewahrt. Für meine kontinuierliche Trainingsarbeit belohnt wurde ich im Dezember dann mit meinem Sieg beim Weltcupfinale in Abu Dhabi.

Deine Thesis im Studiengang Medienkommunikation hast Du über Body Positivity bei Instagram geschrieben. Wie muss man sich Deine Tage nach Tokio vorstellen?

Nach dem Rennen habe ich mir ein paar Tage freigenommen, die ich bei meiner Oma am Ammersee verbracht habe. Zudem habe ich mir noch meinen Traum erfüllt und mir die olympischen Ringe auf den Unterarm stechen lassen. Anschließend saß ich zwei Wochen lang den ganzen Tag an der Masterarbeit, habe erst die Statistik ausgewertet und dann im Akkord die Arbeit Seite für Seite runtergeschrieben. Wenn man das konzentriert und strukturiert erledigt und sein Ziel verfolgt, ist das ähnlich wie im Sport, dann funktioniert es auch. Und natürlich muss man stets positiv bleiben, nicht nur gegenüber Körpern. (lacht)

 

Wieso ist es Dir so wichtig, schon während der aktiven Laufbahn für die Zeit nach dem Karriereende vorzusorgen?

Ich will unbedingt neben dem Sport ein zweites Standbein haben. Einerseits, um im Kopf nicht verrückt zu werden, wenn man nur auf den Sport fixiert ist. Und andererseits auch, um eine Ausbildung, einen Abschluss in der Tasche zu haben.

Ich freue mich, wenn ich einen kleinen Teil dazu beitragen kann, jüngeren Athleten und Athletinnen ein Vorbild zu sein, wie man Sport und Ausbildung unter einen Hut bringen kann.

Dabei bekommst Du Unterstützung von der Deutschen Sporthilfe – vor elf Jahren wurdest Du das erste Mal gefördert – und von der Deutschen Bank. Was bedeutet Dir das?

Die Sporthilfe ist über die Jahre gesehen mein größter Sponsor, ohne sie wäre es nicht möglich, mein Leben so zu leben, wie ich es tue. Und ich finde es sehr cool, dass es das Deutsche Bank Sport-Stipendium gibt. Auch dieses regt jüngere Sportler dazu an, neben dem Leistungssport etwas anderes zu machen, um nicht ohne Plan dazustehen.

Als das Training während der Corona-Pandemie für eine längere Zeit nicht stattfinden konnte, konzentrierte sich die Freiwasserschwimmerin dafür verstärkt auf ihr Studium, was ihr unter anderem durch diese schwierige Zeit half. (Foto: Deutsche Bank)

Wir sind keine Tennis- oder Fußballprofis, ich bin immer noch Schwimmerin und da legt man am Ende eher drauf.

Wenn man das aber trotzdem professionell machen möchte, dann braucht man finanzielle Unterstützung. Deswegen bin ich dafür seit Jahren sehr, sehr dankbar.

Aktuell lebst Du in Italien, wo Du mit bei einer der stärksten italienischen Trainingsgruppen trainierst. Was war der Auslöser, ins Ausland zu gehen?

Nach den Spielen habe ich entschieden, dass ich ein Auslandsjahr in Italien mache. Wenn man so eine Möglichkeit hat, dann sollte man die nutzen, dachte ich mir. Schon davor habe ich in einem Trainingslager mit den starken Italienerinnen und Italienern trainiert. Der Kontakt war auch danach immer da, sie haben mich dann längerfristig nach Italien eingeladen.

 

(Veröffentlicht am 27.06.2022)


Foto: Deutsche Bank

Steckbrief Leonie Beck

 
Geburtstag: 27. Mai 1997 in Augsburg
 
Sportart: Freiwasserschwimmen
 
Wohnort: Würzburg
 
Verein: SV Würzburg 05
 
Größte Erfolge: Olympia-Fünfte 2021 (10 km), WM-Bronze 2019 (5 km), EM-Silber 2018 (5 km)
 
Studium: Medienkommunikation (Master)
 
Universität: Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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