Elena Semechin Sportler ist.“ Dass diese ebenso im Fokus stehen wie die etablierten Spitzenathlet:innen, durfte Engel auch selbst schon erfahren. Seit 2017 gefördert, wurde er 2021 als „Juniorsportler des Jahres“ ausgezeichnet. Die identische Ehrung für ihre starken Leistungen im Nachwuchs- bereich erhielt auch Elena Semechin, 2013 unter ihrem Mädchen- namen Krawzow. Bis heute gehört sie zu den erfolgreichsten deutschen Para-Schwimmerinnen, gewann über 100 m Brust unter anderem Gold bei den Paralympischen Spielen 2021 sowie WM-Gold 2013 und 2019. Auf dem Papier erweckt ihre Leistungs- statistik schnell den Eindruck einer Bilderbuchkarriere. Doch was viel beeindruckender ist als die bloße Medaillenbilanz, ist die Geschichte dahinter. Das Schwimmen einst mit 13 Jahren im Zuge des Sportabzeichens gelernt, wurde Semechin auf die Nationalmannschaft aufmerksam und war sofort gefesselt von deren respekteinflößendem Erscheinen. In dem Moment wusste sie, das Mädchen, das aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Sehbehinderung bereits in jungen Jahren Mobbing und Ausgrenzung erfahren musste, dass sie mit dem Schwimmen endlich eine Chance hat, „etwas aus meinem Leben zu machen und allen zu Thema 19 zeigen, dass ich etwas kann“. Der Profisport bot ihr die Möglichkeit, sich ihr eigenes Leben aufzubauen und zudem nicht nur die Welt zu sehen, sondern auch ganz oben anzukommen. WM-Silber trotz Chemotherapie ihrer Karriere, Ausgerechnet auf den bisherigen Höhepunkt Paralympics-Gold 2021, folgte jedoch unmittelbar darauf der wohl größte Schock ihres bisherigen Lebens. Bereits in Tokio hatte Semechin mit ersten Kopfschmerzen zu kämpfen, im anschlie- ßenden Paris-Urlaub kamen dann immer mehr Symptome dazu. Im Oktober 2021 gab die 29-Jährige ihre Krebserkrankung bekannt, im November folgte die OP des Hirntumors in der linken oberen Gehirnhälfte. Was die lebensfrohe Kämpfernatur aber nicht davon abhielt, nur zwei Tage zuvor ihren Trainer Philip Semechin zu heiraten. Ebenso wenig, wie die Rückkehr ins Becken und auf die internationalen Treppchen – trotz Chemotherapie. Inzwischen steht sie wieder voll und ganz im Training und will ihre Goldmedaille bei den Paralympischen Spielen 2024 unbedingt verteidigen: „Ich trainiere nicht zehnmal in der Woche, um in Paris nur dabei zu sein“, lautet ihr klares Credo. Bei der WM im August wird sie, um ihren Körper noch ein wenig zu schonen und an die hohen Belastungen heranzuführen, nur über ihre Spezialstrecke, die 100m Brust, an den Start gehen. Mit ihrer Geschichte sowie der unbändigen Lebensfreude und dem Ehrgeiz, der sie antreibt, ist Semechin für viele zum Vorbild geworden. Ihre Botschaft ist, „dass man nicht so schnell aufgeben soll. Die Menschen müssen mehr an sich glauben und auch etwas für ihre Ziele tun“, sagt sie. Zudem ruft sie dazu auf, trotz aller Perfektion auch mal das Gute zu sehen und dankbar und zufrieden zu sein. Noch heute erinnere sie sich daran, wie sie die ersten Fördergelder der Sporthilfe damals „in eine Schachtel gelegt und gespart“ habe. „Aus heutiger Sicht ist das schon niedlich, aber ich hatte ja nichts und die Sporthilfe war meine einzige Unterstützung. Ich habe es als eine Belohnung angesehen und es zu schätzen gelernt, dass sie mich von den ersten Schritten im Leistungssport an unterstützt hat“, erzählt Semechin. Die Sporthilfe sei für sie ein Vorreiter in Puncto Vielfalt und Gleich- berechtigung. „Es ist wichtig, dass olympischer und paralympi- scher Sport nicht separiert wird und den einen als den besseren Sport als den anderen ansieht. Wir haben alle die gleichen Ziele, trainieren alle gleichermaßen hart und bringen unsere Leistungen“, sagt sie. „In der Sporthilfe wird vorgelebt, dass alle Athlet:innen gleich sind – das ist auch eine wichtige Message nach außen, die Barrieren gegenüber Menschen mit Behinderung abbauen kann.“ Wie sehr auch der paralympische Sport, wie sehr sie als Para- Schwimmerin die Menschen begeistern kann, will Elena Semechin spätestens in Paris 2024 wieder unter Beweis stellen – und mit Edelmetall um den Hals für positive Schlagzeilen und Aufmerksamkeit sorgen.